Australien und Superannuation: "Unsere Ruhestandsvorsorge funktioniert doch wunderbar!"

Die Altersvorsorge ruht in Australien (wie in Deutschland) auf drei Säulen. 1. Eine private, steuerlich begünstigte Vorsorge. 2. Eine gesetzliche, vermögensabhängige Rente. 3. Die Superannuation. Letztere will die Regierung nun reformieren.

Superannuation

Superannuation ist in Australien das bevorzugte Vehikel für die Altersvorsorge Source: iStockphoto

Disclaimer: Dieser Artikel vermittelt nur allgemeine Informationen. Es ist keine Finanzberatung - im Zweifel empfiehlt sich der Gang zum Finanzberater. – Die Redaktion

Superannuation
Superannuation - Ein Buch mit sieben Siegeln. Aber es muss nicht so sein, wie unser Artikel gleich erklären wird... Source: SBS

Ein Rückblick

Die Superannuation wurde 1992 von der Keating-Regierung eingeführt, um sicherzustellen, dass alle Australier ein gutes Einkommen haben, wenn sie in den Ruhestand gehen.

Das festgesetzte Minimum der Vorsorgezahlungen, die Arbeitgeber für jeden ihrer Arbeitnehmer zahlen müssen, beträgt gegenwärtig 9.5 Prozent. Berechnet wird es nach dem zugrundeliegenden Grundgehalt, welches bei den meisten Arbeitnehmern dem Gehalt entspricht, das sie in ihren üblichen Arbeitsstunden verdienen. Einfaches Beispiel: Jahresgehalt = $60,000. Superannuation = zusätzliche $5,700.

Diesen Betrag muss der Arbeitgeber bis spätestens Ende Juni (das Finanzjahr endet immer am 30. Juni) in das Superannuation-Konto des Arbeitnehmers einzahlen. Wer mag - und es sich leisten kann - darf einen weiteren Teil des Gehalts “opfern”, d.h. freiwillig vom Arbeitgeber in die Superannuation einzahlen lassen. Der Vorteil ist, dass dieses geopferte Geld mit 15 Prozent versteuert wird und nicht mit dem meist höheren Steuersatz des Arbeitnehmers (im erwähnten Beispiel: 32.5 Prozent).

Maximal $25,000

Der maximale Betrag, den man steuerbegünstigt in seine Superannuation einzahlen kann, beträgt $25,000 im Jahr. Selbständig Erwerbstätige können seit 1. Juli 2017 ebenfalls freiwillig bis zu $25,000 jährlich (und natürlich ebenfalls steuerbegünstigt) in die Superannuation einzahlen. Zusätzlich können alle Australier unter 75 Jahren (Angestellte, Selbständig Erwerbstätige, nicht-Erwerbstätige) bis zu $100,000 jährlich in die Superannuation einzahlen – mit Geld, das zuvor normal besteuert wurde.

Ein grosser Vorteil der Superannuation ist, dass Vermögensgewinne innerhalb von Super in der Akkumulationsphase nur zu 15 Prozent besteuert werden, statt zu 32.5 Prozent (im oben erwähnten Beispiel), 37 Prozent (Jahreseinkommen bis 180k) oder 45 Prozent (darüber). Noch attraktiver ist, dass die über die Jahre/Jahrzehnte angehäufte Summe nach dem 60. Altersjahr steuerfrei als Rente (“pension”) Gesamtbetrag (“lump sum”) oder in Schüben bezogen werden kann. (Wer vor 1964 geboren ist, kann seine Super sogar zwischen 55-59 Jahren “anzapfen”)

Wo liegt das Problem?

Die Superannuation ist in Australien generationenübergreifend das bevorzugte Vehikel der Altersvorsorge. Es gibt rund 500 private (“Retail”) und gewerkschaftsnahe (“Industry”) Anbieter mit Tausenden von Investment-Produkten. Sie verwalten insgesamt $2.6 Billionen. Die Anbieter (“Funds”) investieren in der Regel in einen Mix von Aktien (national/international), Immobilien (kommerzielle Liegenschaften) und festverzinsliche Werte (“fixed interest”).

Das Problem scheint zu sein, dass die Mehrheit der Australier nicht weiss, wie Superannuation funktioniert. Viele wechseln im Verlauf ihres Lebens mehrmals den Arbeitgeber. Teilzeit-Angestellte mit mehreren Arbeitgebern sind besonders gefährdet. Sie können mit Leichtigkeit 10-15 verschiedene Superannuation-Konten anhäufen. Und jedes Konto hat seine Kontoführungs-Gebühren und Versicherungsprämien. Folge: Die Erträge werden von den Gebühren aufgefressen – die Katastrophe ist vorprogrammiert.

Was will die Regierung?

Die Turnbull-Regierung hat im Mai den erhalten. Er schildert auf 550 Seiten, wie Australien seine Superannuation reformieren und fairer machen kann. Die Kommission hat den Bericht im Internet für alle Australier veröffentlicht, und Interessierte haben bis Mitte Juli Zeit, ihre Kommentare abzugeben.  

In einer Parlamentsdebatte am 29. Mai kündigte die australische Regierung bereits an, sie werde mehrere Empfehlungen der Kommission übernehmen.

Premierminister Malcolm Turnbull will:

-       Die Exit-Gebühren abschaffen (damit die Australier ihre Konten konsolidieren können)

-       Eine max. Kontoführungsgebühr von 3 Prozent erlauben (auf Guthaben bis $6,000)

-       Dass alle Arbeitnehmer bei Stellenantritt eine Liste mit den 10 “besten” Anbietern erhalten

-       Verhindern, dass man automatisch einem gewerkschaftsnahen Anbieter zugeteilt wird

-       Den automatischen (aber teuren) Versicherungsschutz bei jungen Leuten abschaffen

-       Die Anbieter verpflichten, unabhängige Experten in den Aufsichtsrat zu berufen

-       Das Steueramt ermächtigen, inaktive Konten zu schliessen und zu konsolidieren

Was haltet ihr von den Reformvorschlägen? Oder hat Ex-Premierminister John Howard Recht, wenn er sagt: “If it ain’t broke, don’t fix it”?
Ex-Premierminister Paul Keating hält den Vorschlag der Regierung für "skandalös"und "unverantwortlich"
Ex-Premierminister Keating von Labor: Er gilt als Vater der universellen Superannuation - die es zuvor praktisch nur in Staatsbetrieben gab, und bei grossen Konzernen wie BHP und den Banken. Source: SBS



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Published 30 May 2018 2:30pm
Updated 30 May 2018 5:28pm
By Christian Froelicher


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